Heinz Rother erzählt von seinem Bruder:
Wir lebten im thüringischen Zeulenroda. Rudi war der
Älteste von insgesamt acht Kindern. Auf Wunsch unseres Vaters erlernte
Rudi das Fleischerhandwerk, bevor er zum Arbeitsdienst musste. Im Juli
1939 kam die Einberufung zum Militär. Dort meldete er sich zu den
Fallschirmjägern. Im folgenden Jahr war er bereits bei der Besetzung
Hollands dabei.
Ich sah meinen Bruder zum letzten Mal zu Beginn des
Jahres 1941. Rudi hatte Heimaturlaub bekommen. Damals war ich gerade
acht Jahre alt.
Meine Eltern bekamen im Frühjahr den letzten Brief aus
einer Kaserne bei Stendal. Mein Bruder beschrieb das harte Soldatenleben
und hoffte auf ein baldiges Kriegsende. Doch wenig später wurde er bei
den Kämpfen im Balkan eingesetzt. Wochen vergingen, bis uns im Juni ein
Freund meines Bruders mitteilte, dass Rudi seit seinem Absprung über
Kreta vermisst sei. Er war beim Anflug auf die Insel als einziger
abgesprungen, bevor das Flugzeug wegen zu starkem feindlichen Beschuss
abdrehen musste. Später, als seine Kameraden dann auf der Insel
landeten, fanden sie von meinem Bruder kein Lebenszeichen mehr.
Vergeblich forschten meine Eltern nach dem Krieg nach
seinem Schicksal. Durch die Teilung Deutschlands wir lebten im
östlichen Bereich hatten wir jedoch auch kaum die Möglichkeit, uns an
Behörden und Ämter im Westen zu wenden. Die Wiedervereinigung und die
Möglichkeit in alle Welt verreisen zu können, führte meine Familie und
mich 1994 im Urlaub auf diese schöne Insel. Wir wussten, dass es hier
den deutschen Soldatenfriedhof gab, und während einer Inselrundfahrt
machten wir auch hier Station. Mehr neugierig und zufällig blätterte ich
in dem ausliegenden Namenbuch mit den hier ruhenden Gefallenen, als ich
auf den Namen meines Bruders stieß. Es war ein unvergessliches Gefühl,
als ich 53 Jahre nach dem letzten Lebenszeichen meines Bruders an seinem
Grab stehen konnte.
(Text und Fotos: Informationszentrum des
Volksbundes Deutscher
Kriegsgräberfürsorge e.V. in Maleme)