Seine
Schwester erinnert sich:
Wir
lebten in Bunzlau/Oberschlesien. Unser Vater hatte den ganzen Ersten
Weltkrieg mitgemacht und war verwundet heimgekehrt. Seine
Kriegsverletzung zwang ihn wenige Jahre später, den Beruf als Glasmacher
aufzugeben. Das machte das Leben nicht einfach, denn wir waren fünf
Kinder. Oft fehlte das Geld für das Nötigste. Während einer
Scharlachepedemie starb mit sieben Jahren meine jüngere Schwester, weil
wir keine Medikamente kaufen konnten. Die wirtschaftliche Not trug dazu
bei, dass sich Herbert, der jüngere meiner beiden Brüder, bereits 1938
freiwillig zum Militär meldete. Kurt wurde mit Beginn des Zweiten
Weltkrieges eingezogen. Doch zurück zu Herberts Schicksal:
Er war
zunächst bei der Infanterie im Polenfeldzug eingesetzt, meldete sich
aber dann freiwillig zu den Fallschirmjägern. Anfang 1941, ich war
damals gerade 13 Jahre alt, schrieb er uns aus Athen. Wir sind hier
eingesetzt worden und es ist alles gutgegangen. Wir brauchen vorläufig
nicht mehr abspringen und ich fühle mich hier in Griechenland sehr
wohl.
Dann kam
plötzlich Ende Mai die Todesnachricht: Für Führer und Vaterland
gefallen!
Text der
Sterbeanzeige:
In
einem Gefecht auf Kreta starb den Heldentod für unseren Führer
und Großdeutschland unser lieber Sohn, Bruder, Schwager,
Bräutigam, Enkel, Onkel und Neffe,
der Obergefreite
Herbert Freche
Inhaber des E. K. II
Bunzlau, Joppestr. 27, den 20. Juni 1941.
In tiefem Schmerz:
Familie Willy Freche,
Elfriede Knörich, als Braut.
Für meine
Eltern war dies ein großer Schock und auch ich begriff sehr schnell,
dass ich einen Bruder verloren hatte. Alle Hoffnungen der Eltern ruhten
nun auf Kurt.
Wochen
später erfuhren wir durch den Brief eines Kameraden, wie Herbert
gestorben war. Bei seinem Einsatz über Kreta geriet er, wie fast alle
seine Kameraden aus der Kompanie, während des Absprungs in das
Sperrfeuer des Gegners, bei dem es keine Überlebenden gab.
Ich ging
1943 als Hausmädchen nach Berchtesgaden und erlebte dort das Ende des
Krieges. Aus den Nachrichten erfuhr ich, dass Oberschlesien in
russischer Hand war und meine Heimat nicht mehr existierte. Hier
erreichte mich noch ein Brief von Kurt, der schwer verwundet aus einem
Lazarett schrieb. Der Kontakt zu meiner Familie jedoch war abgerissen.
Zwei lange
Jahre der Ungewissheit folgten, bis ich ein Lebenszeichen meiner Eltern
über das Rote Kreuz erhielt. Sie hatten auf der Flucht aus Oberschlesien
ihre ganze Habe verloren und erlebten Schreckliches. Sie mussten mit
ansehen, wie meine Schwester Lucie von den Russen weggeführt und
umgebracht wurde. Kurt ist wohl für immer verschollen. Sein Schicksal
ist bis heute ungeklärt.
Ich bin
dem Volksbund sehr dankbar, dass er über nun schon so viele Jahre das
Grab von Herbert hier auf dem Friedhof Maleme pflegt. Es ist die einzige
Erinnerung an meine Geschwister außer einigen Fotos, die meine Eltern
auf der Flucht retten konnten.
(Text und
Fotos: Informationszentrum des Volksbundes Deutscher
Kriegsgräberfürsorge e.V. in Maleme)