Unter den vielen hundert Menschen, die am 6. Oktober 1974 an der
Einweihung dieser Kriegsgräberstätte teilnahmen, war auch Gertrud
Freifrau von Ketelhodt. Sie hatte hier während der Kämpfe an einem Tag
drei ihrer vier Brüder verloren und stand zum ersten Mal an deren
Gräbern. Sie berichtet über ihre Brüder:
"Wolfgang war der Älteste. Aber wir nannten ihn alle Wolf. Er war
gelernter Land- und Forstwirt und hatte seit dem frühen Tod des Vaters
den Familienbesitz in Mecklenburg übernommen. Im Januar 1940, damals 23
Jahre alt, meldete sich Wolf freiwillig zu den Fallschirmjägern. Nach
Militäreinsätzen in Norwegen und den Niederlanden ließ er sich zunächst
beurlauben und ging wieder auf sein Gut in Mecklenburg. Im Frühjahr 1941
meldete er sich wieder bei seinem Regiment zurück und wurde nach
Griechenland verlegt.
Lebrecht, Jahrgang 1922, machte 1940 sein Abitur und hatte eigentlich
vor, Ingenieur zu werden. Ihn zog es zur Marine, er kam aber dann zur
Infanterie nach Ostpreußen. Wolfgang, sein großer Bruder überzeugte
ihn, auch zu den Fallschirmjägern zu gehen. In Tangerhütte erhielt
Lebrecht ab Januar 1941 seine Grundausbildung. Sein erster Einsatz
sollte der Absprung über Kreta am 21. Mai 1941 sein.
Hans-Joachim, der Jüngste, ging noch auf ein Internat. Wolf war in allem
sein großes Vorbild. Und so erreichte es Jochen, wie wir ihn riefen, daß
er als 17jähriger mit der Einwilligungserklärung seiner Mutter ebenfalls
zum Fallschirmjägerregiment 1 kam. In Stendal erhielt er eine kurze
Sonderausbildung und nahm wenig später ebenfalls an dem
Luftlandeunternehmen Kreta teil.
Am 19. Mai, zwei Tage vor ihrem Einsatz, schrieb uns Wolf aus Athen noch
einen Brief, den unsere Mutter trotz Flucht aus der Heimat rettete. Als
er uns Tage später erreichte, lebten meine Brüder nicht mehr.
Vier lange Wochen blieben wir ohne jede Gewissheit. Dann erreichte uns
die unglaubliche Nachricht, daß alle drei Brüder an einem Tag, dem 21.
Mai 1941 gefallen waren.
Am Morgen dieses Schicksalstages sollte Wolf bei Iraklion abspringen.
Bereits unmittelbar nach der Landung geriet er in einen heftigen Kampf.
Jochen, der kurze Zeit später an gleicher Stelle absprang, wollte seinem
großen Vorbild noch zu Hilfe kommen, starb aber wenig später.
Lebrecht, der einem anderen Bataillon des Regiments angehörte, war
ebenfalls bei Iraklion inmitten von britischen Panzern abgesprungen und
fiel zusammen mit seinen Kameraden.
Wolfgang und Hans-Joachim haben hier auf Maleme ein gemeinsames Grab
erhalten. Die sterblichen Überreste von Lebrecht konnten trotz
intensiver Suche durch die Mitarbeiter des Volksbundes nicht geborgen
werden. Sein Name steht auf der Ehrentafel, die an die 360
deutschen Gefallenen erinnert, die nicht gefunden wurden.
(Text und Fotos: Informationszentrum des
Volksbundes Deutscher
Kriegsgräberfürsorge e.V. in Maleme)