PLZ 15366
52° 31′ 26,8″ N, 13° 41′ 38,98″ E
1924 auf dem Platz der Republik (ehem. Wilhelmplatz) eröffnetes Denkmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges.
Ausführliche Informationen am Ende des Beitrags.
Inschriften:
1914 - 1918
Ihren tapferen Helden
die dankbare Gemeinde Neuenhagen
Namen der Gefallenen:
1. Weltkrieg
Kriegerehrung Neuenhagen
Als die Gemeinde Neuenhagen den Entschluß gefaßt hatte, den im Weltkriege gefallenen Kameraden ein würdiges Denkmal zu errichten, war die Platzfrage von
wesentlicher Bedeutung. Von den verschiedensten Vorschlägen wurde schließlich die Ausführung auf dem Wilhelmsplatz nach dem Entwurfe des Architekten
Richard Brodersen von der Gemeindevertretung beschlossen. Diese Wahl war eine äußerst glückliche, denn es gibt wohl wenige Gemeinden, welche einen für die
Errichtung eines Ehrenmals besser geeigneten Platz aufweisen können.
Über einen weiteren Vorplatz gelangt man zu dem 6 Stufen höher gelegenen eigentlichen Denkmalplatz. Auf wuchtigem Unterbau erhebt sich, von der Bau- und
Holzbearbeitungsgesellschaft, vormals Liesegang, ausgeführt, in Cyklopenmauerwerk bogenförmig entwickelt, die Denkmalsmauer. Die Länge der Mauer ist 15
Meter, die Tiefe 1,50 Meter. Dieser massige Bau erreicht eine Höhe von 7 Meter. In der konkaven, dem weiten Platze zugekehrten Seite, sind drei Tafeln
eingelassen, welche die [...] Namen der gefallenen Kameraden tragen; darunter die Inschrift [...] Gekrönt wird dieser Teil des Denkmals von einem kräftigen,
gleichfalls aus Cyklopenmauerwerk hergestellten Gesimsaufbau, in dessen Mitte ein großer Schlußstein aus Muschelkalkstein eingesetzt ist. Auf dem Schlußstein
ist in Überlebensgröße der monumentale Kopf eines sterbenden Kriegers dargestellt. Das im Tode auf die Schulter herabsinkende Kriegerhaupt trägt den
Stahlhelm; die ebenfalls aus dem Stein herausgemeißelte rechte Hand hält ermattet das im Kampfe zersplitterte Schwert. Ein Lorbeerzweig ist rechts oberhalb
des Kopfes sichtbar. Diese Plastik stammt von dem Bildhauer Georg Morin-Berlin. Links und rechts von dem Schlußstein sind die Jahresdaten des Weltkriegs
1914-1918 aus Kalksteinquadern angebracht. Den äußerst stimmungsvollen Hintergrund für diese machtvolle Denkmalsanlage bildet eine herrlich gewachsene
Pappelgruppe. Wie ein Heldenhain umschließen diese jetzt im schönsten Grün prangenden Bäume das Denkmal.
(Aus dem Verwaltungsbericht der Gemeinde Neuenhagen von 1920 bis 1924, S. 25/26).
Grundsteinlegung
Gestern fand auf dem Wilhelmsplatz unter zahlreicher Beteiligung der Gemeinde die feierliche Grundsteinlegung für die im Weltkrieg gefallenen Krieger statt.
Eingeleitet wurde die Feier durch ein Lied des Männergesangvereins „Sangestreue“, worauf Herr Gemeindevorsteher Thormann die Ansprache hielt und erklärte,
das Denkmal sei als Zeichen der Dankbarkeit errichtet. Dann verlas er das Dokument, das mit eingemauert werden sollte. Die drei üblichen Hammerschläge
begleitete er mit dem Wort: „Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an.“ Die Festrede hielt dann Herr Sup. a. D. Splittgerber […]. Nach dem Gesang: „Morgenrot“
schloß die kurze, aber eindrucksvolle Weihe.
Das eingemauerte Dokument verdient, hier festgehalten zu werden, ist es doch ein gutes Stück Heimatgeschichte, die darin enthalten ist. Das Schriftstück hat
folgenden Wortlaut:
Der Nachwelt zur Kunde!
Dieses Kriegerdenkmal ist den Opfern des Weltkrieges 1914/18, 1 Heldin und etwa 100 Helden zu Ehren im Jahre 1924 von der Gemeinde Neuenhagen errichtet
und der Grundstein dazu am Karfreitag, dem 18. April, durch den Gemeindevorsteher Thormann im Beisein der Gemeindevertretung, der eingeladenen
Angehörigen der Gefallenen, der Vereine des Ortes und zahlreicher Einwohner gelegt worden, nachdem der Ortspfarrer Superintendant a. D. Splittgerber eine
Feldpredigt über den Text Joh. 15, 13 „Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben lässet für seine Freunde“ abgehalten hatte. [...]
Zwei Sammlungen freier Spenden für das Ehrenmal schrumpften in der Zeit der großen Geldentwertung zu nichts zusammen. Erst durch eine namhafte
Schenkung der Baufirma (Anmerkung: Inhaber Henry Wadskjer und Fritz Liesegang) wurde der Aufbau des Gedenkzeichens möglich. Wir bedauern, daß die
Vorfahren uns wenige Nachrichten über unseren Ort hinterlassen haben, und hoffen auf den Dank der Nachkommen, wenn wir bei dieser Grundsteinlegung
nachfolgendes über die Vergangenheit und den gegenwärtigen Zustand Neuenhagens übermitteln. […]
(Aus „Niederbarnimer Kreisblatt“, Bernau, 20.04.1924).
Amtsbezirk Neuenhagen (Redaktion: Neuenhagen, Dorfstraße 23a)
In schlichter und würdiger Weise beging die Gemeinde Neuenhagen gestern die Einweihung des Ehrendenkmals für die im Weltkrieg Gefallenen. Ein prächtiger
Sommertag begünstigte die Veranstaltung. - Alle diejenigen Flaumacher, die von Störungen und Zusammenstößen politischer Art vorher gefaselt hatten, wurden
arg getäuscht. Unsere Einwohner haben gezeigt, daß es selbstverständlich ist, bei solchen ernsten Weihestunden jeden Parteizank vollkommen beiseite zu
lassen. Gewiß - eine drückende Stimmung lag tagelang vorher in vielen Gemütern, hervorgerufen durch das Verbot der öffentlichen Fahnenenthüllung. Erst kurz
vor der Feier machte der persönlich anwesende Landrat Schlemminger das Verbot rückgängig. Leider kam dieser Beschluß für viele zu spät, da die
rechtsgesinnten Kreise aus diesem Grunde bereits ihre Mitglieder aufgefordert hatten, sich nicht an der Einweihung zu beteiligen. Der große Wilhelmsplatz war
vorher durch Feuerwehr und Gendarmerie abgesperrt und wurde erst kurz vor der offiziellen Feier dem Publikum eröffnet. Und die Einwohner kamen alle, um den
gefallenen Helden einige Stunden der Andacht zu widmen. Hunderte und Aberhunderte von Menschen umsäumten das noch verhüllte Denkmal. Die einzelnen
Vereine hatten sich vorher gesammelt und rückten in geschlossenen Zügen heran. Abgesehen von den Kriegerfahnen waren nur schwarz-rot-goldene Fahnen
vertreten. […].
Die Regimentskapelle des Reiter-Regiments Nr. 4 eröffnete die Feier mit dem Liede „Wir treten zum Beten“. Viele beteten sicher den Schluß des Liedes inbrünstig
mit: „Herr, mach‘ uns frei!“ - Nachdem der Gesangsverein „Sangestreue“ das prächtige Lied „An das Vaterland“ vorgetragen hatten, hielten die Geistlichen beider
Konzessionen einen kurzen Feldgottesdienst ab. […] Herr Gemeindevorsteher Thormann hielt nun die Weiherede und gedachte der hinterbliebenen Witwen und
Waisen. Durch eine bereits verteilte Spende hätte die Gemeinde am besten ihre Anteilnahme gezeigt. - Dann übergab Herr Thormann das Denkmal der
Oeffentlichkeit. Als die riesige Hülle fiel, schauten alle Augen staunend auf das prächtige Ehrenmal.
Auf drei großen Tafeln stehen die Namen der gefallenen Helden zum dauernden Gedächtnis. Ueber hundert Namen sind eingezeichnet, darunter auch eine Frau:
Schwester Dora Liesegang, die auch ein Opfer des Krieges geworden ist. […] - Zum Schlusse noch eine beschämende Tatsache, die in die ganze erhebende
Feier einen schrillen Mißklang brachte: In verschiedenen Lokalen wurde des Abends leider fröhlich getanzt. So ehrten verschiedene Einwohner ihre Toten!
(Aus „Niederbarnimer Kreisblatt“, Bernau, 16.09.1924).
Neuenhagen
Unter großer Beteiligung der Einwohner und hiesiger und auswärtiger Vereine fand hier am vergangenen Sonntagnachmittag die Einweihung unseres
Kriegerdenkmals statt. Der Zug zählte viele tausende Teilnehmer. Vor dem Denkmal nahmen die Gemeindevertretung und die Gesangvereine Aufstellung. Die
Feier selbst nahm einen würdigen Verlauf.
(Aus „Strausberger Zeitung, Ostbahn-Vorortzeitung“, Mittwoch, den 17.09.1924).
Einweihungstag
Für die Angehörigen der Gefallenen waren Stuhlreihen aufgestellt. Das Programm der Feierstunde war kein revolutionäres und antinationales, sondern ein
gutbürgerliches und vaterlandstreues. Die Neuenhagener Gesangsvereine „Sangestreue“, „Frohsinn“ und „Freie Sänger“ trugen feierliche Chöre von
Vaterlandsliebe und Mannesmut vor. Der protestantische Superintendant Splittgerber und der katholische Pfarrer Siebener hielten Fest- und Gedenkpredigten.
Max Thormann hielt die Weihrede und enthüllte das Kriegerdenkmal.
(Aus „Neuenhagener Echo“,12.1996, Dr. Erich Siek).
Von Böllern verschandelt
„Am Neujahrstag bemerkte ich die Zerstörung der rechten Tafel des Denkmals mit den Namen der im ersten Weltkrieg gefallenen Bürger von Neuenhagen“,
schreibt Else Ackermann an die Redaktion. Der obere Teil der Namenstafel fehlte, dahinter seien Löcher erkennbar. Offensichtlich hatte ein Silvesterböller diese
Zerstörungen hinterlassen, mutmaßt sie. Die Behandlung dieses Kriegerdenkmals sei schon zu DDR-Zeiten und auch später eine einzigartige Schande für die
Neuenhagener. Das Denkmal sei nach der Wende langsam, aber sicher aus dem Gedächtnis verschwunden. Nicht einmal Kranzniederlegungen würden hier
stattfinden, sondern abseits an einem großen Findling auf dem Waldfriedhof mit einer dürftigen Zeremonie.
(Aus „Kriegerdenkmal von Böllern verschandelt“, MOZ.de, Irina Voigt, 12.01.2010).
Sanierung
Viele Jahre fristete das Denkmal ein eher tristes Dasein. Die Namen der Opfer waren mit weißer Farbe überstrichen worden. Erst im Jahre 2010 ließ die
Gemeinde Neuenhagen bei Berlin [...] das Denkmal komplett sanieren. Eigens dafür wurden Steine aus dem Rüdersdorfer Museumspark herangeschafft, die zu
den alten Steinen passten. Drei neue Granittafeln mit den Namen aller Gefallenen wurden angebracht und mit Acrylplatten verkleidet, die als Graffitischutz dienen.
(Aus „Denkmal auf dem Platz der Republik“, Homepage der Gemeinde Neuenhagen unter „Denkmale und Sehenswertes“).
Einige der 108 Namen sind seit 2010 am Denkmal nicht korrekt wiedergegeben. Die fehlerhafte Schreibweise - u.a. ersichtlich beim Abgleich mit der Namensliste
im Verwaltungsbericht der Gemeinde Neuenhagen von 1920 bis 1924 (S. 28/29) - deshalb in Klammern. Zudem wurden die am Denkmal verewigten Vornamen -
bei mehreren Möglichkeiten - unterstrichen.
Textquellen: Standesamt, Kirchenbüro und Gemeindearchiv/Bibliothek von Neuenhagen, Kirche St. Georg Hoppegarten, Landesarchiv Berlin, Geheimes
Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin-Dahlem, Archiv Stadtmuseum Strausberg, Archiv Dr. Erich Siek und Berlin-Studien in Zentral- und Landesbibliothek
Berlin (zlb).
Zu den Abkürzungen bei Quellen: „Kirchenregister“: Ges. KB. 1905-1925. Gestorbene bei der Neuenhagener Kirche „Standesamt“:
Sterbe-Register des Standesamtes Neuenhagen, Kreis Niederbarnim „Ehrenliste, Tabelle Pfarrerssöhne“: Ehrenliste der im Weltkriege
gefallenen evangelischen Theologen und Pfarrerssöhne aus der Kirchenprovinz Mark Brandenburg
Historische Fotos: Anzeige "Denkmalenthüllung" in der "Strausberger Zeitung" vom 12.09.1924, Archiv Stadtmuseum Strausberg;
alte AK "NEUENHAGEN. Anlagen mit Heldendenkstein" aus Archiv Dr. Erich Siek; altes Foto "Denkmal mit Pappeln" aus
Gemeindearchiv/Bibliothek Neuenhagen.
Neufassung aus redaktionellen Gründen am 04.07.2025.
Datum der Abschrift: 08.03.2019
Verantwortlich für diesen Beitrag: Gerd von Ende
Foto © 2019 Gerd von Ende - Fotos/Reproduktionen (wenn nicht anders angegeben)