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Hohenlockstedt (Ehrenhain: Finnische Jäger), Kreis Steinburg, Schleswig-Holstein

PLZ 25551

Im Ehrenhain an der Finnischen Allee findet sich das Ehrenmal für die Finnischen Jäger mit Inschrift.

Inschriften:

Zur Befreiung des Vaterlandes erhob sich Finnlands Jugend zu Beginn des Weltkrieges und ging in die Fremde um dort das Waffenhandwerk zu erlernen
Zum Andenken an das Königl. Preussische Jägerbataillon 27, das 1915-16 im Lockstedter Lager aufgestellt und ausgebildet wurde und 1916-17 an der Ostfront Schulter an Schulter mit deutschen Truppen kämpfte um dann entscheidend an dem finnischen Befreiungskrieg teilzunehmen errichtete dieses Denkmal
ITSENÄISYYDEN LIITTO

Suomalaisen Jääkäripataljoonan muistoksi pystytti tämän patsaan
ITSENÄISYYDEN LIITTO
Till minne av Finska Jägarbataljonen upprestes detta monument av
ITSENÄISYYDEN LIITTO
Lauri Leppänen 1939

(Diese Statue wurde in Erinnerung an das finnische Jaeger-Bataillon errichtet)
(etwa: Unabhängigkeits-Verband)
(Zum Gedenken an das Finnische Jägerbataillon wurde dieses Denkmal errichtet von ..)

(Prof. Leppänen war Hauptmann im JR 27)

Hintergrund der Verbindung Hohenlockstedts zu Finnland und zum Ehrenhain „Preußische Jäger und finnische Generäle“:

     Am 26. Januar 1915 fiel in Berlin eine denkwürdige Entscheidung: Um die „Sympathie Deutschlands mit Finnland zu beweisen“, sollte finnischen Jugendlichen „aus guter Familie“ die Möglichkeit geboten
werden, nach Deutschland zu kommen, sich „mit der Kulturhöhe und dem militärischen Geist Deutschlands“ bekannt zu machen und die Fähigkeit zu erwerben, im Falle eines aktiven Vorgehens
Schwedens gegen Russland oder eines selbständigen finnischen Aufstandes militärische Aufgaben zu erfüllen. Die Entscheidung, Finnen militärisch zu schulen, erfolgte auf Ersuchen des radikalsten Flügels
der finnischen nationalen Bewegung, fügte sich aber auch nahtlos in das seit Kriegsbeginn von der Reichsleitung zielstrebig verfolgte Konzept, die inneren Widersprüche im russischen Imperium und im
britischen Empire zu schüren und im Interesse der deutschen Kriegführung zu nutzen. Vor 1914 war von amtlicher deutscher Seite nicht das Geringste geschehen, um durch eine Intervention in Petersburg das
Los der Finnen zu erleichtern. Auch der neue Kurs war kein uneigennütziger Sympathiebeweis, sondern ein unter Einsatz erheblicher Mittel betriebener Versuch, finnische Selbständigkeitsbestrebungen für die
eigenen strategischen Zwecke einzuspannen.
     Insgesamt sind seit dem 25. Februar 1915 in Deutschland, vorwiegend im Lockstedter Lager in Holstein, 1897 Finnen militärisch geschult worden. Von denen beteiligten sich dann 1918 etwa zwei
Drittel, 1328 Mann, auf „weißer“ Seite am finnischen Bürgerkrieg. Der Einsatz dieser Truppe fiel stark ins Gewicht. Es waren aber doch letzten Endes keineswegs, wie vielfach als ganz selbstverständlich
angenommen wird, „rund 2000 Jäger“, die nach der Rückkehr des Hauptkontingents der Truppe in das Kampfgeschehen eingriffen und danach für andere militärische Aufgaben zur Verfügung standen. Der
Schrumpfungsprozeß war gravierend, ist aber angesichts der besonderen Umstände der Formierung, Ausbildung und des Einsatzes des Verbandes durchaus nachvollziehbar.
     In ihrer ersten Entwicklungsphase (Februar bis August 1915) erreichte die als „Pfadfinderkursus“ getarnte Formation eine Stärke von 189 Mann, von denen 145 das Abitur und 34 einen akademischen
Abschluß nachweisen konnten. Diese hochmotivierte, größtenteils schwedischsprachige, studentische Stammtruppe erlangte auf Dauer eine elitäre Stellung in der Jägerbewegung und letztlich auch im
gesamten finnischen Militärwesen.
     In der zweiten Entwicklungsphase (September 1915 bis Mai 1916) konnte der nunmehr als „Ausbildungstruppe Lockstedt“ bezeichnete Verband u.a. im Ergebnis einer intensiven Werbekampagne,
die bis zum Frühjahr 1505, danach nochmals  192 Neuzugänge erbrachte, zu einer vollmilitärischen Jägereinheit ausgebaut werden. Diese Einheit kam dann als „Königlich Preußisches Jägerbataillon Nr.27“
(Namensverleihung am 9.Mai 1916) bis zum März 1917 entgegen den ursprünglichen Zusicherungen und nach der Vereidigung auf „Kaiser und Reich“ in Kurland zum Fronteinsatz.
     In dem Bataillon waren die wichtigsten sozialen Gruppierungen Finnlands vertreten: Arbeiter (mit einem Anteil von 26,2 %) und Bauern, Intellektuelle, Geschäftsleute und Staatsangestellte. Es ist davon
auszugehen, dass sich die überwiegende Mehrheit der Jäger auf das auch nach finnischer Rechtslage „landesverräterische“ und in seinem Ausgang höchst ungewisse Unternehmen in der Absicht und
Erwartung eingelassen hatte, durch die militärische Schulung in Deutschland zu gegebener Zeit einen Beitrag für ein freies Finnland leisten zu können. Neben Idealismus und Opferbereitschaft waren
allerdings auch andere Motive im Spiel: Abenteuerlust, Romantik, persönlich ausweglose Lebenssituationen, wie etwa im Fall der 132 aus deutschen Internierungslagern angeworbenen
finnischen Seeleute, und Illusionen angesichts der Versprechungen von Werbern, die das Soldatenleben in Deutschland in den besten Farben geschildert und eine baldige Rückkehr in die Heimat in Aussicht
gestellt hatten. „Was an Gutem nicht ausdrücklich gesagt wurde“, hieß es etwas herablassend in einem deutschen Situationsbericht, „wird gewiß die durch Sachverständnis und Einsicht nicht behinderte
Phantasie der finnischen Bauern mühelos ergänzt haben.“ Worauf sie sich eingelassen hatten, wurde vielen erst auf dem Exerzierplatz und noch mehr im Fronteinsatz bewusst. Die meisten, aber eben nicht
alle, bestanden die harte Probe.
     Die Stimmungslage innerhalb der Truppe ist erheblich beeinträchtigt worden durch permanente Konflikte zwischen der überwiegend schwedischsprachigen, aus Helsinki stammenden Führungsschicht
und dem fast ausschließlich finnischsprachigen, hauptsächlich auf dem flachen Lande angeworbenen Mannschaftsbestand. Der damals ohnehin generell noch heftige Sprachenstreit erhielt zusätzlichen
Auftrieb durch die alltägliche Erfahrung der einfachen Soldaten, dass sich ihre zuerst eingetroffenen akademisch gebildeten schwedischsprachigen Landsleute, die im Laufe der Zeit mit allen nicht von
deutschen Offizieren besetzten Kommandostellen betraut wurden, als Unterführer ihnen gegenüber oft noch „preußischer als die Preußen“ verhielten. Deutscherseits sah man wenig Möglichkeiten, die Wellen
zu glätten. Die Praxis, „die Intelligenz vor die Bauern, die Kampfesfreudigen vor die Missvergnügten, die deutschgesinnten Finnen vor die Nur-Finnen zu stellen“, galt als der für deutsche Stellen einzig mögliche
Standpunkt.
     Zum schwersten Eklat im Verhältnis zu den deutschen Vorgesetzten kam es im September 1916 nach viermonatigem Fronteinsatz. Ein Teil der Mannschaften verweigerte den Gehorsam und verlangte die
Rückführung der Einheit in die Etappe. Daraufhin wurden sieben Jäger kriegsgerichtlich zu Zwangsarbeit verurteilt, 69 weitere nach schlimmen Schikanen in das Arbeitslager Altona-Bahrenfeld verbracht. Nach
neuerlichen Konflikten zu Beginn des Jahres 1917 erhöhte sich die Zahl der „Bahrenfelder“ auf 169, alles in allem sogar auf 224 Mann. Insgesamt sind bis zur Rückkehr des Bataillons in die Heimat 512 Jäger
aus dem Dienst ausgeschieden. Gefallen, an Krankheiten und infolge von Unfällen verstorben sind 48, als vermisst gemeldet wurden 37 Mann.
     Neben den täglichen dienstlichen Herausforderungen beschäftigte über Jahre die Jäger, aber auch die zuständigen deutschen Instanzen, besonders die Frage nach dem „Wann“ und „Wie“ eines Einsatzes in
Finnland. Im Laufe der Zeit wurden etwa 60 Mann im Rahmen der subversiven Kriegführung mit Spezialaufträgen (Sprengstoffattentate gegen russische Einrichtungen, nachrichtendienstliche
Erkundungen etc.) nach Finnland beordert. Die deutscherseits aber vor allem verfolgte Absicht, das Jägerbataillon als Speerspitze eines antirussischen Volksaufstandes einsetzen zu können, ließ sich
indessen nicht verwirklichen. Für die politisch führenden Kräfte der finnischen Widerstandsbewegung stand außer Frage, dass ein bewaffneter Aufstand ohne ein direktes Einschreiten deutscher Streitkräfte
zu einem Fiasko führen würde.
     Das Hauptkontingent des im März 1917 nach Libau verlegten Jägerbataillons konnte am 25. Februar 1918 nach Vaasa, dem Sitz der bürgerlichen Regierung, endlich wieder heimatlichen Boden betreten. Vor
die Wahl gestellt, sich entweder auf Seiten der Regierung zum Kampf gegen die „Russen“ und das mit ihnen sympathisierende „Gesindel“ zu verpflichten oder in Deutschland zu bleiben, hatten nur noch acht
von insgesamt 451 Jägern, die aus unterschiedlichen Gründen erst nach dem Weltkrieg heimkehren konnten, die Truppe verlassen.
     Der erste Auftrag, der die Jäger in der Heimat erwartete, unterschied sich erheblich von den Vorstellungen, die sie nach Deutschland geführt hatten. Seit dem Frühjahr 1917 hatten sich, begünstigt
durch das Fehlen funktionsfähiger staatlicher Machtinstrumente, die lange angestauten inneren Gegensätze bis zum bewaffneten Kampf zugespitzt. Heute besteht weitgehende Übereinstimmung
darüber, dass es sich dabei um einen Bürgerkrieg handelte, in dem russisches Militär nur eine marginale Rolle spielte. Auch von jenen, die das Geschehen als Freiheitskrieg bewerten, wird kaum noch die feste
Absicht der sozialdemokratisch geprägten Führungsspitze der „Roten“ bezweifelt, die finnische Selbständigkeit zu bewahren, wohl aber deren Vermögen, diese Absicht auf Dauer gegen sowjetischen
Druck auch wirklich durchzusetzen.
     Noch in Libau waren 403 Jäger zu Offizieren und 727 zu Unteroffizieren befördert worden. Die wichtigsten militärischen Führungsposition blieben 1918 aber den über 200, meist ranghöheren
finnischen Offizieren, die freiwillig in der russischen Armee gedient hatten, vorbehalten. Außerdem standen 84 schwedische Freiwillige im Offiziersrang zur Verfügung. Dennoch ist die Bedeutung der Jäger
für die Erhöhung der Kampfkraft der nach Einführung der Wehrpflicht auf etwa 70.000 Mann angewachsenen weißen Armee hoch zu veranschlagen. Neben dem Eingreifen einer kriegserfahrenen,
sehr gut ausgerüsteten deutschen Interventionsstreitmacht in Stärke von ca. 14.000 Mann hatten die Jäger einen wichtigen Anteil am Sieg über den militärisch unbedarften Gegner, mit dem sehr hart
abgerechnet wurde.
     Nach einem achtjährigen Machtkampf mit den ehemaligen zaristischen Offizieren gewannen die Jäger 1926 die dominierende Stellung in der militärischen Hierarchie. Noch 1944 kamen 36 von 45 aktiven
Generälen aus dem „Lokstedter Lager“, darunter auch der Kommandeur der zur Vertreibung der deutschen Lapplandarmee eingesetzten Verbände. Von einzelnen Befürwortern rechtsradikaler
Umsturzbestrebungen abgesehen, haben sich die „preußischen“ Jäger in allen nationalen Gefahrensituationen als finnische Patrioten bewährt und zugleich auch ein diffiziles Kapitel deutsch
finnischer Beziehungen mitgestaltet. Mit einer Reduzierung ihrer Geschichte auf ein Heldenepos hat aber die finnische Historiographie nichts mehr im Sinn.

     Der Beitrag „Preußische Jäger und finnische Generäle“ von Prof. Dr. Manfred Menger wurde der Deutsch-Finnischen Rundschau Nr. 119 / Dezember 2003 (Seite 40f) entnommen.

Neufassung aus redaktionellen Gründen am 20.03.2022.

Datum der Abschrift: November 2005

Verantwortlich für diesen Beitrag: gghhev.de (Uwe Schärff †)

 

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