Onlineprojekt Gefallenendenkmäler

Graslitz (1921), Bezirk Falkenau, Tschechien
Heute: Kraslice, Okres Sokolov, Karlovarský kraj

GPS 50.322897, 12.513202 (FH)


Nach den kommunistischen Wirren in den Jahren 1919 und 1920 unter Bela Kun in Ungarn, auch die Tschechen mussten damals gegen Bela Kun in der Slowakei harte Kämpfe bestehen, sah Kaiser Karl in der Schweiz eine für ihn günstige Gelegenheit und wollte über Ungarn die alte Donaumonarchie wieder hersteilen. Für die junge Tschechenrepublik war Kaiser Karls Unternehmen eine ernste, erste Gefahr für ihren Bestand. Nach einer Kabinettsitzung am letzten Oktober-Sonntag 1921 in Prag wurde am Montag die allgemeine Mobilisierung ausgerufen. Überall an den Amtsgebäuden, den Rathäusern, auch in den deutschen Gebieten, hingen die seit 1914-1918 so berüchtigt gewordenen Mobilisierungs-Kundmachungen. Es rückte jedoch niemand ein. Als daraufhin in der Stadt Gerüchte umliefen, dass die Prager Machthaber durch Truppeneinheiten die mobilisierten deutschen Reservisten zwangsweise stellen würden, stieg die Erregung bedenklich. In Windeseile verbreitete sich am Donnerstag die Nachricht, dass mit dem nächsten Dreiuhr-Nachmittags-Zug eine tschechoslowakische Abteilung schwer bewaffnet eintreffen werde. Nun war es mit der üblichen Ruhe der Graslitzer zu Ende. Vom hohen Turm der Dekanalkirche dröhnten alle Glocken, die vielen Fabriksirenen heulten, Jung und Alt, Arbeiter und Frauen eilten auf die Straßen zum Marktplatz. Der Generalstreik war ausgerufen. In kurzer Zeit waren der Marktplatz und die anschließenden Straßen mit tausenden Männern, Frauen und leider auch Kindern gefüllt und verstopft. Das unerwartete Unheil nahte mit Riesenschritten. Der ortsunkundige, der deutschen Sprache nicht mächtige, führende tschechoslowakische Offizier, ohne irgendeinen Auftrag oder entsprechende Führung durch die zuständige Staatsbehörde, die Hilflosigkeit der Graslitzer Bezirksbehörde und verschiedene andere Umstände, die sich dann so tragisch auswirkten, waren nicht dazu angetan, das Schlimmste zu verhüten. Der Offizier versuchte mit seiner Truppe durch die Menschenmassen zur Bezirksbehörde am Marktplatz zu gelangen. In den Massen eingekeilt, löste sich plötzlich ein Schuss, dem daraufhin einige Salven folgten. Das Ergebnis war furchtbar. 15 Männer, Frauen und auch Jugendliche lagen tot am Marktplatz, viele Verwundete, von denen einer im Krankenhaus starb, wälzten sich in ihrem Blut am Pflaster. Am Eingang des Hotels „Weißer Schwan” wurde ein auswärtiger, fremder Schauspieler, der mit demselben Zug, wie die tschechische Truppe, nach Graslitz gekommen war, erschossen. Die Stadt Graslitz hatte neben Kaaden, Eger, Karlsbad, Sternberg, Mies u. a. sudetendeutsche Städte seinen schweren, bitteren Blutzoll für das Selbstbestimmungsrecht entrichtet.
Auf dem Friedhof wurde zur Mahnung und Erinnerung an diesen schmerzlichen Tag ein Denkmal errichtet, das symbolisch die "Sturmglocke” der Graslitzer Dekanalkirche darstellte. Unter dem Gedenkstein ruhten die 15 Toten des 27. Oktobers 1921 und Wandtafeln trugen ihre Namen. Das damalige „Sturmläuten” hatte die Bevölkerung auf die Straßen gerufen. Sie wollte in Ruhe und Ordnung für das versprochene Selbstbestimmungsrecht demonstrieren. Wenn auch die Tschechen nach dem Zusammenbruch des Zweiten Weltkrieges, infolge ihrer wiedererstandenen Macht, dieses Ehrenmal von deutschen Männern abtragen ließ; "wir dürfen diese Toten nicht vergessen!”

Inschriften:

auf der Glocke
GOTT MIT EUCH
darunter
OPFER DES 27. OKTOBER
(Namen)

Namen der Gefallenen:

1921

Name Vorname Todesdatum & Ort Bemerkungen
DÖRFLER Johann 27.10.1921
Graslitz
Vogelhändler aus Graslitz Nr. 449
FISCHBACH Sebastian 27.10.1921
Graslitz
Samtweber aus Graslitz Nr. 910
HARTL Oskar 27.10.1921
Graslitz
Aus Schönwerth
KLIER Adolf 27.10.1921
Graslitz
Gelbgießer aus Graslitz Nr. 1069
LAUSMANN Franz 20.11.1921
Graslitz
Bäckermeisters Sohn aus Graslitz. Gestorben
LEICHT Franz 27.10.1921
Graslitz
Bergarbeiter aus Eibenberg
LEICHT Hugo 27.10.1921
Graslitz
Arbeiter aus Eibenberg
MÜLLER Betti 27.10.1921
Graslitz
Aus Graslitz Nr. 23
NETSCH Alois 27.10.1921
Graslitz
Fabrikarbeiter aus Graslitz Nr. 1051
NETSCH Josef 27.10.1921
Graslitz
Handelsangestellter aus Graslitz Nr. 1051
RIEDL Josef 27.10.1921
Graslitz
Zimmermeister
RIEDL Richard 27.10.1921
Graslitz
Instrumentenmacher aus Silberbach
RINKES Ernst 27.10.1921
Graslitz
Bergmann aus Graslitz Nr. 1040
RÖDIG Max 27.10.1921
Graslitz
Schreiber aus Graslitz Nr. 1203
ROTHBAUER Anderl 27.10.1921
Graslitz
Schauspieler aus Wallern

Quelle: Graslitzer Heimatbrief VI. Jg. Nr. 31 vom Oktober 1954 aus dem Archiv des Heimatverband der Graslitzer.

Datum der Abschrift: 04.09.2022

Verantwortlich für diesen Beitrag: Alexander Broich
Foto © 2022 Heimatbrief a. a. O. (Gen. liegt vor)