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Kronshagen (Ruhestätte für die Opfer der Revolution), Kreis Rendsburg-Eckernförde, Schleswig-Holstein

PLZ 24119

Auf einer besonderen Gedenkanlage des weitläufigen Kiel/Kronshagener Parkfriedhofs Eichhof sind einige Opfer des Matrosen– und Arbeiteraufstands in Kiel im November 1918 aber auch Gefallene der Februar-Unruhen 1919 – oft als Spartakusaufstand bezeichnet, und des Kapp-Putsches im März 1920 bestattet worden.

Nach einer Studie des Leiters des Stadtarchivs Kiel, Johannes Rosenplänter, wurde die „Ruhestätte für die Opfer der Revolution“ genannte Anlage in ihrer heutigen Form im Mai/Juni 1924 nach den Plänen eines der damals bedeutendsten Gartenarchitekten, des Worpsweders Leberecht Migge, betont einfach gestaltet. Vor einer großen Rasenfläche wurden in einem höher gelegenen Halbkreis insgesamt 41 Opfer in Einzelgräbern bestattet. Im Scheitelpunkt des Halbkreises befindet sich ein großer Findling mit der Aufschrift: „Ruhestätte der Opfer der Revolution“. Dieser wurde vom Stadtverordneten Karl Edler (SPD), der auch Mitglied des Arbeiterrats war, auf eigene Kosten beschafft. Die Gedenkstätte überlebte die Zeit der Nazi-Diktatur. Sie sollte erst mit Ablauf einer Verwesungsfrist zerstört werden. Diese war aber auf den 13. Juli 1945 und somit auf die Zeit nach der bedingungslosen Kapitulation der Machthaber gelegt worden. Die Anlage wird heute von der Landeshauptstadt Kiel unterhalten. Im Jahre 2011 errichtete der "Kieler Initiativkreis 1918/19" an der Stätte eine Informationstafel, auf der die Anlage beschrieben wird und die näheren Hintergründe erläutert werden.

Inschriften:

Ruhestätte der Opfer der Revolution

Namen der Opfer:

Name

Vorname

Geburtsdatum & Ort

Todesdatum & Ort

Beruf

Bemerkung

BACHORSKI (BARCHORSKI)

Wladislaus

30.09.1894

07.07.1920

Arbeiter

*1

BOCK

August

25.12.1891
Sellin

18.03.1920

Händler

*2

BOCK

Heinrich

1893
Wilster

20.04.1920

Dreher

*1

BRUNN

Robert

18.03.1920

Speisewirt

*2

BUDLOFF (RUDLOFF)

Gertrud geb. Spiegler (geb. Spiegel)

15.06.1894
Gotha

18.03.1920

Kriegerwitwe

*2

BUSING (BÜSING)

Emil

04.02.1885
Kiel-Gaarden

25.03.1920

Munitionsarbeiter, (Maurer)

*2

DERA

Ingnatz (Ignatz)

24.07.1874
Mtodasko

18.03.1920

Arbeiter

*2

DETLEFS (DETHLEFS)

Max

6.10.1902
Frankfurt(Oder)

04.11.1918

Schlosserlehrling

*2 Wurde mit Lungenschuss in die akademische Heilanstalt eingeliefert und starb am nächsten Tag.

DEUTSCHENDORF

Wilhelm

?0.08.1895
Kiel

18.03.1920

Schüler

*2

DUZY

Theodor

03.04.1898
Bittkowo Krs. Kattowitz

03.11.1918

Bauschlosser

*2

FRIEDRICH

Max

19.03.1888
Berlin

05.02.1919

Schlosser

*1

GLOMM

Albert

16.01.1901
Großgustkow

30.03.1920

Arbeiter

*1

HARTZ

Paul

07.03.1889
Kiel

18.03.1920

Dreher

*2

HELD

Wilhelm

07.03.1900

18.03.1920

Verwaltungsgehilfe

*2

KAHLER (KÄHLER)

Friedrich

14.07.1887
Kiel

18.03.1920

Nieter

*1

KEIDEL

Karl

1891

18.03.1920

Metallarbeiter

*1

KINKEL (KINGEL)

Otto

13.11.1895
Kiel

21.03.1920

Maschinenbauer

*1

KLINGENBERG

August

01.08.1885
Magdeburg-Sudenburg

07.04.1920

Werkführer, (Schlosser)

*1

KLOS (KLOß)

Karl

01.07.1897
Brunzelwaldau

19.03.1920

Werftarbeiter

*1

LIEBNER

Johannes

20.01.1865
Charlottenthal

18.03.1920

Arbeiter

*1

MAYE (MAYER)

Franz

23.04.1897
Halle a. S.

03.11.1918

Schlosser bei Storm & Gamst Maschinenfabrik

*2 Wurde im Ersten Weltkrieg verwundet

MÜLLER

Emil

29.05.1878
Gut Kleschkau

18.03.1920

Schmied

*2

NAGEL

Anton

19.06.1895
Lippstadt

26.11.1918

Schlosser, Heeressoldat

*2 Erhielt einen Kopfschuss am 5.11.

OLAND

Ernst

Ca. 1903
Klostersee

18.03.1920

Freiwilliger des 2. Bataillons des 3. Marineregiments, Seemann

*1 Gestorben infolge „Hals-, Brust- und Bauchschusses“.

PAULSEN

Heinrich

26.06.1901
Kiel

18.03.1920

Arbeiter

*1

PUNKE

Dietrich

13.03.1899

01.05.1920

Mechaniker

*1

REUTER

Ernst

05.11.1883
Stettin

18.03.1920
(16.03.1920)

Arbeiter

*2

RODEWALD

Friedrich

29.03.1891
Mühlgast

18.03.1920

Straßenbahnschaffner

*1

ROWEDDER

Wilhelm

1902
Kiel

05.02.1919

Maschinenbaulehrling

*1

RUMOHR

Heinrich

1893
Gaarden Kreis Plön

18.03.1920

Schlossergeselle

*2

SCHAALBURG (SAALBURG)

Karl

28.03.1885
Kiel

05.02.1919

Maurer

*1

SCHÄFER

Wilhelm

21.10.1874
Herne

05.02.1919

Schlosser, Sterbebuch: Schleifer

*1

SCHATTAUER (SCHLETAUER)

Franz

13.07.1884
Geestendorf

03.02.1919 05.02.1919

Instrumentenmacher; (Mechaniker)

*1

SCHLEGEL

Linus

1864
Kiel

18.03.1920

Schneider

*2

SCHULZE

Waldemar

13.07.1891
Berlin

18.03.1920

Werft-Kranführer

*1

STAAK (STAACK)

Heinrich

17.04.1896
Kiel

18.03.1920

Arbeiter

*2

STEIN

Konrad

29.01.1890
Heidelberg

18.03.1920

Maschinenbauer

*1

STOCKS

Willi

24.03.1899

20.03.1920

Telegraphen-Arbeiter

*1

STUVE (STRÜVER, STÜVER)

Gustav

08.03.1887
Kiel

18.03.1920

Helfer

*1

WARWEG

Heinrich

23.07.1893
Kiel

18.03.1920

Schiffszimmermann

*1

WEISEL

Friedrich

14.06.1865
Geisenheim

05.11.1918

Techniker

*2

Bemerkungen:
*1: Grab liegt links vom zentralen Gedenkstein
*2: Grab liegt rechts vom zentralen Gedenkstein
Die Namen sind nach der Grabinschrift angegeben. Alternative Schreibweisen in Klammern stammen aus unterschiedlichen Quellen: Listen des Stadtarchivs Kiel, Sterbebuch und Anzeigen in der lokalen Presse.
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Informationen zum geschichtlichen Hintergrund:

Der Matrosen- und Arbeiteraufstand in Kiel im November 1918 entzündete sich daran, dass die Führung der Kaiserlichen Marine trotz der Niederlage im Ersten Weltkrieg und im Gegensatz zur neuen parlamentarisch legitimierten Regierung an ihren Weltmachtsvorstellungen festhalten wollte. Das von ihnen geplante Unternehmen einer großen Seeschlacht mit der Royal Navy verstieß gegen eine Anordnung des Reichskanzlers Max von Baden und wurde von den Mannschaften verhindert. Die folgende Verhaftung einer Reihe von Matrosen und Heizern in Kiel führte schließlich zu einer großen Demonstration von Marineangehörigen und Arbeitern durch die Stadt. Diese wurde durch Schusswaffeneinsatz gestoppt, wobei 10 Personen ums Leben kamen und es viele Verletzte gab. Am Folgetag kam es zu einem allgemeinen Aufstand in Kiel und zur Entmachtung der lokalen Militärführung durch spontan gebildete Soldaten- und Arbeiterräte. Insgesamt starben in diesen Tagen in Kiel etwa 28 Personen, davon wurden fünf – in der Mehrzahl Zivilisten – auf dem Eichhof unter großer Anteilnahme der Bevölkerung als Opfer der Revolution bestattet. Sie wurden nach Schaffung der Gedenkanlage 1924 in diese umgebettet. Die meisten der Militärangehörigen wurden auf dem damaligen Garnisonsfriedhof (heute Nordfriedhof) beerdigt.
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Nach der Bildung der Bremer Räterepublik im Februar 1919 und ihrer drohenden Niederschlagung durch die Division Gerstenberg und Freikorpsverbände kam es in Kiel zu einem großen Streik auf den Werften und in den Großbetrieben. Die Arbeiterschaft protestierte damit über alle Parteigrenzen hinweg gegen die Militärpolitik des Reichswehrministers Noske, bei der nach ihrer Auffassung den antidemokratischen Offizieren wieder ein zu großer Einfluss eingeräumt würde. Es kam aber auch zu bewaffneten Überfällen radikalisierter Arbeiter u.a. auf eine Kasernenanlage. Im Verlauf dieser Kämpfe starben sechs Menschen, meist Mitglieder oder Sympathisanten der KPD, von denen fünf auf der Revolutionsgedenkanlage auf dem Eichhof beerdigt wurden. Dies zeugt von einem damals vorhandenen gemeinsamen Grundverständnis der Arbeiterschaft, dass die Revolution wesentliche Ziele wie etwa eine Militärreform noch nicht erreicht hatte.
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Im März 1920 versuchte der damalige Chef der Marinestation der Ostsee den Kapp-Lüttwitz-Ludendorff-Putsch auch in Kiel durchzusetzen. Er stützte sich dabei insbesondere auf ein Bataillon des Freikorps Loewenfeld und auf Zeitfreiwillige. Immer wieder eröffneten seine Truppen das Feuer auf Menschenansammlungen. Zur Abwehr baute die Arbeiterschaft mit Unterstützung der Sicherheitspolizei eine Arbeiterwehr auf. Noch am Tag nach dem Scheitern des Putsches und obwohl Levetzow bereits seine Amtsenthebung erhalten hatte, versuchte er mit einem massierten Vorstoß das Gewerkschaftshaus besetzen zu lassen. Kurz danach herausgegebene Befehle zum Waffenstillstand wurden von den Loewenfeld-Freikorpslern ignoriert. Nach schweren Kämpfen in großen Teilen des Stadtgebiets mussten sie sich aber schließlich doch zurückziehen und verließen am Tag darauf Kiel. Insgesamt starben in diesen Tagen 47 Unbeteiligte oder Menschen, die sich gegen den Putsch gestellt hatten. Von diesen wurden 31 auf der Gedenkanlage für die Revolutionsopfer bestattet. Der Kapp-Putsch hatte dazu geführt, dass die drei Arbeiterparteien, SPD, USPD und KPD sich gemeinsam gegen antidemokratische und antirepublikanische Bestrebungen zur Wehr setzten. Neue Hoffnungen auf eine durchgreifende Reform von Militär und Industrie kristallisierten sich in einer vom Gewerkschaftsführer Carl Legien und vom SPD-Vorsitzenden Otto Wels vorgeschlagenen Arbeiterregierung (die dann nicht zustande kam). Dies zeigte sich in Kiel in der Wahrnehmung der Opfer als Gefallene für die Revolution. Die Kieler Bevölkerung zeigte erneut große Anteilnahme bei den Beerdigungsfeierlichkeiten.

Bei den Kräften, die den Putsch unterstützten, kamen 29 Personen ums Leben. Diese wurden mehrheitlich auf dem Garnisonsfriedhof (Nordfriedhof) beigesetzt. Interessanterweise gibt es einige Überschneidungen, die sich dadurch erklären lassen, dass einige Freikorpsler und/oder Zeitfreiwillige zur Sicherheitspolizei (Sipo) bzw. Arbeiterwehr überliefen, da sie, wie der Sipo-Leutnant Kemsies in seinem Bericht vermerkte: „ … sahen, dass sie nicht, wie ihnen ihre Führer klarmachen wollten, gegen Bolschewisten kämpften. Das bunte Bild von grünen Polizeibeamten inmitten bewaffneter Arbeiter belehrte sie augenscheinlich, dass ihre Gegner unmöglich Spartakisten sein könnten. Sobald die Soldaten sich auf Verhandlungen einließen, wurden sie aufgeklärt und stellten den Kampf ein.“ So erhielt Ernst Oland, Freiwilliger des Freikorps Loewenfeld, ein Grab in der Revolutionsgedenkstätte auf dem Eichhof. Weitere fünf Opfer von der Loewenfeld Liste sind ebenfalls auf dem Eichhof bestattet, allerdings nicht in der Gedenkanlage. Außerdem werden zwei Opfer der Loewenfelder-Liste auch auf der Gewerkschaftsliste geführt. Ein weiterer Loewenfelder ist auf dem Nordfriedhof beerdigt, wird aber auf der Loewenfeld-Liste nicht erwähnt. Seine Angehörigen erhielten Zahlungen des Magistrats, was dafür sprechen würde, dass er ebenfalls die Seiten wechselte oder den Kampf aufgab.
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Quellen und Literatur:

Regine Bigga, Eckhard Colmorgen, Uwe Danker, Irene Dittrich: Friedhof als Quelle historischen Arbeitens. Der Eichhof in Kiel/Kronshagen. In: Demokratische Geschichte 6, 1991, S. 259–318. Online zugänglich unter www.beirat-fuer-geschichte.de

Klaus Kuhl: Opfer von Matrosen-/Arbeiteraufstand 1918, Februarereignissen 1919 und Kapp-Putsch 1920. Kiel 2019. Online zugänglich unter: www.kurkuhl.de

Leutnant Kemsies: Das Verhalten der Sicherheitspolizei Kiel gegenüber der Militärrevolte. 9. April 1920. Landesarchiv Schleswig-Holstein LAS 301 4458. Online zugänglich unter: www.kurkuhl.de

Johannes Rosenplänter: Zur Entstehung der „Ruhestätte der Opfer der Revolution“ auf dem Kieler Eichhoffriedhof 1918-1924. Ein Werk des Landschaftsarchitekten Leberecht Migge. In: Rolf Fischer (Hrsg.): Revolution und Revolutionsforschung – Beiträge aus dem Kieler Initiativkreis 1918/19. Reihe: Sonderveröffentlichungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte (Band 67). Kiel 2011, S. 101–110.

Datum der Abschrift: September 2019

Verantwortlich für diesen Beitrag: Klaus Kuhl
Foto © 2009 ,2012 Klaus Kuhl

 

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